Der Traum von der eSports-Königsklasse

Tom “Rulfchen” Ruckh spielt League of Legends für das Werksteam innogy. Er träumt wie viele junge Gamer einmal in der eSports-Königsklasse, der LEC, zu spielen. Seine eSports-Karriere startete er in der Uniliga.

Wie alles begann!

Das dumpfe Dröhnen eines Rechners dringt über den Dachboden. Die Luft ist erfüllt vom Klicken von Tastatur und Maus. Ab und zu durchbricht der Freudenschrei eines kleinen Jungen den Raum, der durch die Deckenlampe in helles, warmes Licht gehüllt wird. Tom „Rulfchen“ Ruckh ist etwa sieben Jahre alt. Er sitzt neben seinem Vater am Schreibtisch und versucht ihn in einem Computerspiel zu übertreffen.

Damit ist der Grundstein für Toms Gamingleidenschaft gelegt. Bereits im Kindesalter spielte Tom an der Konsole oder am Computer. Nintendo, Playstation oder Warcraft 3 auf dem PC – Gaming prägte bereits die Kindheit des League of Legends Spielers: „Ich habe eigentlich schon immer gespielt”. Als kleiner Junge schleicht er sich morgens immer hoch auf den Dachboden, um dort heimlich zu spielen, oder seinem Vater beim spielen zuzuschauen.

Den richtigen Einstieg in das kompetitive Spielen findet er allerdings mit League of Legends. 2011, in Season 2, entdeckt er das Spiel für sich. Das MOBA fasziniert ihn und weckt seinen Ehrgeiz. Er spielt und reflektiert seinen Spielstil, um schnell nach oben zu steigen. Ende Season zwei ist er bereits im unteren Diamond Bereich und arbeitet sich in Season 3 weiter hoch. Nebenbei ist er in Foren aktiv und versucht eigene Teams zu gründen oder bereits bestehenden beizutreten.

Von der SoloQ zur Uniliga

Jahre später beginnt Tom sein Studium in Bielefeld. Neben dem Studium spielt er viel League of Legends und legt seinen Fokus vor allem auf das SoloQ-Improvement. Zu dieser Zeit hat er, mit 670 Punkten in Challenger, sein höchstes SoloQ Ranking. Im Hinterkopf schwebt jedoch weiterhin der Gedanke einem kompetitiven Team beizutreten. 2017 wird er an seiner Uni dann auf ein Plakat vom “University Gaming Club Bielefeld” (UGCB) aufmerksam, auf dem um neue LoL Spieler geworben wird.

In der Offseason nach dem Sommersemester meldet sich Rulfchen beim damaligen Teamcaptain Harun „Shylubu“ Bayer. „Wenn man einmal mit mir spielt, dann hab ich dich auch schnell überzeugt und dann war ich im Team.“ sagt er mit einem Augenzwinkern.

Unterschiedliche Proiritäten innerhalb des Teams

Der Alltag im Team war jedoch nicht immer einfach. Rulfchen und Shylubu wollten ganz nach oben. Ihre Teammitglieder waren jedoch weniger ambitioniert. Feste Trainingszeiten oder Scrims einzuhalten war, aufgrund der unterschiedlichen Prioritäten, äußerst schwer. Dies sorgte für einige kleinere Dispute hinter den Kulissen. Dennoch beschreibt Rulfchen die Season als schöne Zeit, weil er sich trotz allem im Team wohl fühlt. Das Team schafft es außerdem siegreich aus der fünften Uniligasaison hervorzugehen. Mit dem Sieg qualifizieren sie sich für die University eSports Masters (UEM) im Sommer 2018.

Teneriffa, Licht und Schatten

Die folgende sechste Season war nicht leicht für Rulfchen. Das Bielefelder Team musste, mit Ersatzspielern, immer wieder sportliche Rückschläge hinnehmen. Das wirkt sich auch auf die UEM auf Tenerifa aus. Er sah das Turnier als Möglichkeit sich und sein Können zu zeigen. Er und Teamkollege “Weiti” spielten vorher in zwei Wochen knapp 300 Spiele als Vorbereitung auf das Turnier.. Ihre Teammitglieder waren jedoch weniger ehrgeizig und hatten teilweise sogar schon aufgehört League of Legends zu spielen.

Das Turnier war aus sportlicher Sicht eine große Enttäuschung für Rulfchen. Mit nur zwei wirklich aktiven Spielern im Team gehen die Bielefelder gegen die Konkurrenz gnadenlos unter und verlieren fast jedes Spiel.

Aus menschlicher Sicht beschreibt Rulfchen die Zeit in Tenerifa allerdings als sehr schön. Trotz gescheiterter Turnierteilnahme gab es nie Streit. „In der Zeit habe ich als Mensch sehr viel gelernt. Auch wenn es schlecht lief hatten wir so schöne Momente zusammen. Wir mochten uns, das war nie das Problem, wir hatten einfach unterschiedliche Ziele.“

Solocarries und die positive Vergangenheit in der Uniliga

Rulfchen nahm  sowohl die Uniliga, als auch die Community der Liga, immer als sehr positiv wahr. Ob Leitung, Caster oder gegnerische Teams – er ist stolz Teil des Ganzen gewesen zu sein.  Er erinnert sich gerne zurück: „Der Podcast mit Scorto zum Beispiel. Scorto und Probably sind während meiner zwei Seasons Stichfiguren gewesen, warum mir das so viel Spaß gemacht hat. Einfach, weil so viel Interesse und so viel Content kam.“

Er findet jedoch auch kritische Worte: „Den Uniligateams fehlt die Struktur“. Es sollte jedes Team der ersten Liga in den nächsten Jahren einer Organisation beitreten, oder selbst eine gründen. Das Niveau der Liga an sich sei zwar schon gestiegen, sei jedoch bisher stark von Solocarries geprägt. „Man kann nicht erwarten, dass fünf Spieler, die sich zusammenschließen und mehr oder weniger gar nicht trainieren, ein Feuerwerk abfackeln. Selbst wenn die Spieler gut sind, gewinnen sie am Ende nicht, weil sie das Spiel als Team besser beherrschen.“  Gleichzeitig gibt er ambitionierten Uniliga-Spielern einen Tipp mit auf dem Weg: „Sucht euch Menschen, die euch persönlich besser machen.“

Uni vs. Herzensangelegenheit

Jura-Studium und kompetitiv League of Legends Spielen unter einen Hut zu bekommen erweist sich für Rulfchen als Hercules-Aufgabe. Er schafft es dennoch gut durch die ersten Semester, ohne viel in der Uni zu sein. Dennoch ist für ihn klar: „Ich bin zwar ambitioniert, aber nur bei Dingen, die mir wirklich was bedeuten. Und Gaming war schon immer meine Herzensangelegenheit.“

Im Oktober 2018 zieht er dann die Reißleine. Seine sozialen Kontakte in der Uni leiden unter dem Gaming, genauso wie seine Gesundheit. Er beschließt in 2019 das Gaming zu seinem Beruf zu machen und zu schauen, wie weit er es bringen kann. Mit professionellen Strukturen und einem Team, dass seine Ziele teilt. Auch, um den Druck der Uni los zu sein. „Man muss eigentlich zur Uni, will aber gar nicht und fängt an sich vor den Eltern zu rechtfertigen.“

Der Weg in Richtung eSports und weg von der Uni ist ein Schritt, welcher den Eltern Bauchschmerzen bereitet“. Diese Entscheidung hat mir richtig gut getan, auch wenn das vielleicht aus gesellschaftlicher Sicht nicht der beste Schritt war”, erklärt Rulfchen

Der Traum von der LEC

Das Jahr 2018 war für Rulfchen voller Höhen und Tiefen. Er entschließt sich jedoch letztlich dazu den Schritt in die semiprofessionelle Szene zu wagen. In der Offseason sammelt Rulfchen weiter Offline-Erfahrungen. So qualifiziert er sich mit einem Team, bestehend aus Freunden und alten Uniligagefährten, für Events wie Wacken und anschließend dem SPIN Boostcamp. Im Winter 2018 beginnt er mit Julian “Pater Julez” sein eigenes Team in der 2. Division der ESLM, unter dem Namen Pater Julez, auf die Beine zu stellen, mit dem Ziel unter die Top 4 in Deutschland zu kommen. Sie kommen mit diesem Projekt bei Innogy unter und konkurrieren, Stand März 2019, um den Aufstieg in die 1. Division.

Dort verfügt man über professionelle Strukturen und Rahmenbedingungen, die Rulfchens Vorstellungen entsprechen. Tägliches Training, Coaches, Manager, Bootcamps und vieles mehr: „Auch wenn natürlich das Ziel ist, da rede ich nicht groß drum rum, LEC zu spielen, wenn ich es schaffe. Aber momentan bin ich sehr zufrieden wo ich bin.“

Ratschläge

„Die Uniliga ist eine gute Startadresse. Hier kann man lernen, wie Teamplay funktioniert und wie man sich als Mensch in einem Team verhält”. Wenn die Teams sich verbessern sieht Rulfchen die Uniliga in der Zukunft sogar als potentielle Top 3 Adresse neben ESLM und SINN League in Deutschland, vorausgesetzt die Teams bekommen mehr Struktur”, erklärt Rulfchen.

Zusätzlich findet er noch ein paar motivierende Worte für junge Spieler: „Traut euch das zu machen! Schließt euch professionell zusammen, wägt ab was euch glücklich macht und was ihr erreichen wollt, und wagt den Sprung! Wer in der deutschen Szene Fuß fassen will braucht einen Twitteraccount. Im League of Legends Bereich, zumindest in der deutschen Szene, läuft alles über Twitter! Das Schwerste ist reinzukommen. Wenn man erstmal drin ist, ist es leichter. Wer dabei Hilfe braucht kann sich gerne bei mir melden und ich versuche dann zu helfen.“

Mehr als nur Spielen

Das dumpfe Dröhnen mehrerer Rechner dringt durch den Raum. Die Luft ist erfüllt vom Klicken von Maus und Tastatur. In dem von Monitoren erleuchteten Raum erklingt das Gespräch der fünf Männer, die gemeinsam versuchen ihre Gegner in einem Computerspiel zu übertreffen. Rulfchen ist einer von ihnen. Doch für ihn ist es mehr als nur Zocken, als Gaming. Gaming ist für ihn Kinder, die mit ihrem Papa spielen. Gaming sind Menschen, die zu tausenden in große Hallen strömen, um dort ihren Idolen zuzusehen und sie gemeinsam anzufeuern. Gaming ist gemeinsam ein Ziel zu verfolgen und es zu erreichen. Gaming ist für ihn, wie für viele andere, Leidenschaft.

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